1. Österreichische Online Inter- und Transdisziplinäre Dis/Ability-Forschungswerkstatt (in Schwerer Sprache)

Das Organisationsteam Angela Wegscheider, Andreas Jeitler, Volker Schönwiese und Rahel More freut sich, zur 1. Österreichischen Online Inter- und Transdisizplinären Dis/Ability-Forschungswerkstatt einladen zu können:

Wir möchten Studierenden, Wissenschaftler*innen und angehenden Wissenschaftler*innen, die im Sinne der Disability Studies forschen, die Möglichkeit geben, sich über kritische und emanzipatorische Forschung und Lehre zu Behinderung(en) auszutauschen und zu vernetzen.

Ziel ist der 1. Österreichischen Online Inter- und Transdisziplinäre Dis/Ability-Forschungswerkstatt, das breite Forschungsspektrum und die damit einhergehenden, vielfältigen Forschungen, Fragestellungen, Methoden und Perspektiven zu Disability Studies, Behindertenpolitik, Dis/Ableismus, Anti/Diskriminierung, Barrierefreiheit, Intersektionalität und Diversität in Österreich weiter sichtbar zu machen sowie die Vernetzung auszubauen. Diese Einladung darf gerne an potientiell Interessierte verteilt werden.


Wir bieten dazu eine niederschwellige Veranstaltung mit Workshop-Charakter an: in kurzen Slots sollen laufende Forschungs- oder Kunstprojekte und/oder Anliegen aus der Lehre oder auch ein Diskussionsthema vorgestellt und diskutiert werden. Pro Beitrag bzw. Präsentation sind 10 Minuten vorgesehen. Darüber hinaus soll Raum für weiterführende Vernetzung und mögliche Kooperationen geschaffen werden: angedacht sind etwa gemeinsame Veranstaltungen, gemeinsames Publizieren sowie der Austausch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen.


Wann: Freitag, 13. Mai 2022, 10:00 bis ca. 15:00 Uhr

Ort: Online (Link wird noch bekannt gegeben)


Anmeldung zur Teilnahme an der 1. Österreichischen Online Inter- und Transdisziplinäre Dis/Ability-Forschungswerkstatt:


Bitte melden Sie sich via E-Mail bei disabilitystudies@jku.at bis spätestens Freitag, den 18. März 2022 an und geben Sie bekannt, ob Sie

a) aktiv mit einem eigenen Beitrag teilnehmen. Senden Sie uns bitte dazu Ihren Titelvorschlag und ca. eine halbe Seite Beschreibung ihres Beitrages. Der Beitrag sollte einen klaren Bezug zum Positionspapier aufweisen. Alle aktiv gemeldeten Teilnehmer-innen werden Anfang April 2022 mit näheren Informationen kontaktiert.

b) ohne eigenen Beitrag als Zuhörer*in teilnehmen. Das finale Programm wird Mitte April 2022 via Forschungswerkstatt-Internetseite veröffentlicht, um interessierten Zuhörer*innen noch die Möglichkeit zu geben, dazuzukommen.

Die inter- und transdisziplinäre Dis/Ability-Forschungswerkstatt wird online stattfinden und ist von Disability Studies Austria (DiStA) in Kooperation mit uniability und der Universität Salzburg organisiert.

Fragen? Angela Wegscheider (DiStA und Johannes Kepler Universität Linz), email: angela.wegscheider@jku.at oder Andreas Jeitler (DiStA, Verein uniability und Universität Klagenfurt), email: andreas.jeitler@aau.at.

Die Entdeckung der Diskriminierung, oder: Wer diskriminiert wird, das bestimmen wir!

Seit einiger Zeit gibt es immer wieder Covid-19-Demonstrationen. Was Demonstrationen sind, erkläre ich im Text ‚Wir müssen reden – wieder einmal über Bildung‘. 

Die Menschen bei diesen Demonstrationen sind gegen die Covid-19-Maßnahmen. Covid-19-Maßnahme bedeutet: Die österreichische Regierung sagt: Das darf derzeit gemacht werden, und das darf derzeit nicht gemacht werden. Diese Covid-19-Maßnahmen sind Regeln. Diese Regeln sollen uns vor Ansteckung mit Covid-19 (auch Corona oder Coronavirus genannt) schützen. Zu Covid-19 habe ich etwas im Text ‚Wir müssen reden – wieder einmal über Bildung‘ geschrieben.  

Die Menschen auf den Demonstrationen wollen diese Covid-19-Maßnahmen nicht. Sie wollen sich nicht an diese Covid-19-Maßnahmen und Regeln halten.

Die Menschen bei den Demonstrationen behaupten viel. Auch dazu habe ich etwas im Text ‚Wir müssen reden – wieder einmal über Bildung‘ geschrieben.  

Unter anderem behaupten diese Menschen bei den Demonstrationen: Wir lassen uns nicht impfen. Und deshalb werden wir diskriminiert!

Die Menschen auf den Demonstrationen haben sozusagen Diskriminierung für sich entdeckt. Das bedeutet: Auf einmal reden viele Menschen über Diskriminierung. Früher war vielen von ihnen egal, wer warum diskriminiert wird.

Was ist nun Diskriminierung? 

Diskriminierung bedeutet: Ich werde benachteiligt. Ich werde schlecht behandelt. Ich werde anders als die anderen behandelt. Man erlaubt mir bestimmte Dinge nicht. Man lässt mich nicht mitmachen.

Es stimmt: Wenn ich nicht geimpft bin, darf ich derzeit viele Dinge nicht machen. Ich darf zum Beispiel nicht in einem Gasthaus essen. Warum? Weil ich nicht geimpft bin – das ist für mich selber gefährlich und auch für die Menschen um mich herum. 

Die Menschen auf den Demonstrationen vergessen etwas Wichtiges: Sie haben eine Entscheidung getroffen. Und zwar eine Entscheidung gegen eine Impfung. Sie haben die Wahl. Und sie wissen vor der Entscheidung: Wenn ich mich nicht impfen lasse, darf ich dieses und jenes nicht machen. Dann darf ich eben zum Beispiel nicht im Gasthaus essen. Sie haben sich bewusst gegen die Impfung entschieden.

Dieses Gerede um Diskriminierung ist ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die tatsächlich diskriminiert werden, wenn diese Menschen jetzt sagen: Wir werden diskriminiert! Denn viele der Menschen auf Demonstrationen haben Diskriminierung vermutlich noch nie selbst erlebt.

Viele Menschen weltweit werden seit Jahrhunderten und tagtäglich diskriminiert. 

Menschen mit Behinderungen zum Beispiel wissen leider nur zu gut, was Diskriminierung ist. Und viele andere Menschen wissen das aus ihren Lebenserfahrungen heraus ebenso leider zu gut.

Menschen mit Behinderungen zum Beispiel werden aufgrund ihrer Beeinträchtigung aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie müssen in Sonderschulen lernen. Sie müssen in Werkstätten arbeiten. Sie können nicht im Gasthaus essen, weil es nicht barrierefrei ist. Sie werden von oben herab behandelt. Sie werden nach wie vor aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Warum? Nur aufgrund einer Beeinträchtigung. Sie werden also im wahrsten Sinne des Wortes be-hindert. Behinderung bedeutet: Ich darf nicht mitmachen (partizipieren). Und zwar nur deshalb nicht, weil ich ein Mensch mit Behinderungen bin.

Menschen mit Behinderungen haben keine Möglichkeit zur Entscheidung. Die Gesellschaft sagt nach wie vor und schon seit Jahrhunderten: Du bist ein Mensch mit Behinderungen! Du darfst keine Regelschule besuchen. Du darfst keine ordentliche Arbeit haben. Du kannst das ja garnicht! Menschen mit Behinderungen müssen um ihre Rechte kämpfen – damit sie eben genau nicht diskriminiert werden. 

DAS ist Diskriminierung!

Diskriminierung ist, wenn man es sich nicht aussuchen kann, wie man von der Gesellschaft behandelt wird. Und wenn die Gesellschaft mich ausgrenzt, nur weil ich ein Mensch mit Behinderungen bin. Und wenn mich die Gesellschaft ausgrenzt, nur weil die Gesellschaft über Menschen mit Behinderungen immer noch schlecht und negativ denkt. Und wenn einen die Gesellschaft schlecht behandelt und aus extrem vielen Bereichen des Lebens ausgrenzt und ausschließt, dann ist das Diskriminierung.

Die Menschen auf den Demonstrationen verwenden Worte wie ‚Diskriminierung‘ absichtlich oder unabsichtlich falsch. Sie denken sich wohl: Wir bestimmen, wer diskriminiert wird. Und in diesem Fall sind sie es, denken diese Menschen offensichtlich.

So etwas nennt man eine inflationäre Verwendung eines Wortes. Inflationäre Verwendung bedeutet: Ein Wort hat eine bestimmte Bedeutung. Das bedeutet: Das Wort heißt etwas ganz Bestimmtes. Zum Beispiel eben das Wort ‚Diskriminierung’. Und dann rede ich einfach so lange und so viel über das Wort, bis es seine eigentliche Bedeutung verliert. Genau das passiert gerade.

Wenn alles Diskriminierung ist, wie gehen wir als Gesellschaft dann mit tatsächlicher Diskriminierung um?

Sehr viele Menschen werden tagein tagsaus tatsächlich diskriminiert. Zum Beispiel, weil sie Menschen mit Behinderungen sind. Diese Menschen werden ‚einfach so‘ auf der Grundlage ihrer Beeinträchtigung diskriminiert. Wir sollten immer wieder und gerade heute gemeinsam darüber nachdenken, danach handeln und unser Zusammenleben in der Gesellschaft überdenken.